150 Millionen Jahre alter Fisch ernährte sich wie Piranhas

Piranhamesodon
Das Fossil von Piranhamesodon pinnatomus im Jura-Museum Eichstätt. Die Zähne des Raubfisches sind gut erkennbar. (Bild: M. Ebert & Th. Nohl)

Ein Forscherteam der FAU, des Jura-Museums Eichstätt und der australischen James Cook University hat eine neue Fischart entdeckt, die vor rund 150 Millionen Jahren, zur Zeit der Dinosaurier, das süddeutsche Jurameer bewohnte. Und staunten dabei nicht schlecht: Die neue Knochenfischart besaß Zähne wie ein Piranha. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Current Biology vorgestellt.

Gefunden hat das Fossil eine Forschergruppe des Jura-Museums Eichstätt und der James Cook University, untersucht wurde es aber an der FAU – und zwar von Christian Schulbert, einem der Co-Autoren, im Mikro-Computer-Tomographie-Labor der Paläontologie. Die Computer-Tomographie ermöglicht, wie in der Medizin, zerstörungsfreie dreidimensionale Einblicke in das Innere von Gesteinen. Nur so konnte die außergewöhnliche Anordnung und Form der Zähne im Maul des Piranhamesodon durch die Visualisierung der Daten nachgewiesen werden. Die mikroskopische Untersuchung und CT-Scans der Kiefer des Fossils von Piranhamesodon pinnatomus zeigen lange, spitze Zähne entlang der Außenseite des Vomer – ein Knochen, der das Gaumendach bildet – und an der Spitze von Unter- und Oberkiefer. Die Präartikularknochen, die entlang der Seiten des Unterkiefers liegen, tragen dreieckige Zähne mit gezähnelten Schneidekanten.

Zahnmuster und Zahnform, Kiefermorphologie und Kiefermechanik deuten auf ein Maul hin, das ausgerüstet war, um Fleisch oder Flossen zu schneiden. Indizien deuten auf die Möglichkeit hin, dass sich diese frühen, Piranha-ähnlichen Fische der aggressiven Mimikry bedienten, sich also hinter einem scheinbar harmlosen Äußeren tarnten, um dann umso effektiver anzugreifen. Eine erstaunliche Parallele zum Fressverhalten moderner Piranhas.

Ungewöhnliche Ernährungsweise

„Wir waren völlig verblüfft, dass dieser Fisch Piranha-ähnliche Zähne hatte“, sagt Martina Kölbl-Ebert, Leiterin des Jura-Museums Eichstätt. „Er gehört zu einer ausgestorbenen Fischgruppe, den Pycnodontiformes, die für ihre pflasterartigen Knackzähne bekannt sind. Es ist, als würde man auf ein Schaf mit den Reißzähnen eines Wolfes treffen. Was aber noch bemerkenswerter ist: Der Fisch stammt aus der Jurazeit. Für Knochenfische ist diese Ernährungsweise damals mehr als ungewöhnlich. Die Fleischfresser unter ihnen knackten normalerweise schalentragende Wirbellose oder schlucken ihre Beute – meist andere Fische – am Stück. Fleischstücke oder Flossen herausbeißen, das ist etwas, das viel später kam.“ Zumindest schien das bisher so. „Der neue Fund stellt die älteste Überlieferung eines Knochenfisches dar, der in der Lage war, Stücke aus anderen Fischen herauszubeißen. Und noch etwas ist ungewöhnlich: Er tat dies im Meer“, erläutert David Bellwood von der James Cook University, Australien. Er erklärt, dass heutige Piranhas – die allerdings mit der neuen, fossilen Art nicht verwandt sind – alle im Süßwasser leben.

Als weiteres Indiz für den ungewöhnlichen Nahrungserwerb fanden die Forscher auch die Opfer von Piranhamesodon in denselben Kalksteinablagerungen, im Steinbruch von Ettling bei Markt Pförring, Bayern: Andere Fische aus derselben Umgebung, deren Flossen angebissen wurden. „Dies ist eine erstaunliche Parallele zu modernen Piranhas, die sich überwiegend nicht vom Fleisch, sondern von den Flossen anderer Fische ernähren. Das ist eine schlaue Sache, denn Flossen wachsen nach; sie sind eine praktische, erneuerbare Nahrungsquelle. Beiß einen Fisch in den Bauch und er ist tot; knabbere an seinen Flossen und du hast auch in Zukunft noch was zu fressen“, erklärt David Bellwood.

Im Museum

Der neubeschriebene Fisch ist ab sofort im Jura-Museum auf der Eichstätter Willibaldsburg zu sehen. Er stammt aus denselben Kalksteinablagerungen – den jurazeitlichen Plattenkalken des Solnhofener Archipels – aus denen auch der berühmte Urvogel  Archaeopteryx bekannt ist.

Original-Paper: https://www.cell.com/current-biology/pdfExtended/S0960-9822(18)31208-9

Weitere Informationen:

Christian Schulbert
Tel.: 09131 85 24851
christian.schulbert@fau.de