Forschungsschwerpunkte
Forschungsschwerpunkte
- Deformationsmechanismen und mikrostrukturelle Entwicklung während Verformungslokalisation unter spröden bis duktilen Bedingungen
- Mikrostrukturelle Entwicklung von Pseudotachylyten (fossile Erdbebenstrukturen)
- Deformationsbedingte geochemische Veränderungen im Kristallgitter
- In-situ Experimente im Rasterelektronenmikroskop
Deformationsmechanismen und mikrostrukturelle Entwicklung während Verformungslokalisation unter spröden bis duktilen Bedingungen
Im Zusammenhang mit der Plattentektonik spielen Verformungslokationen in der Erdkruste eine wesentliche Rolle. Die sich dabei entwickelnden Scherzonen können sehr große Verformungsbeträge (bis über 100 km) aufnehmen und sind daher für die strukturelle Entwicklung der Erdkruste von großer Bedeutung.
Je nach lithosphärischen Temperatur/Druckbedingungen und Verformungsraten kann die Deformation in diesen Scherzonen durch sprödes zerbrechen (Kataklase) bzw. durch kristall-plastische Prozesse (z.B. dynamische Rekristallisation) vonstattengehen. Vor allem der Einsatz der automatisierten Kornorientierungsanalyse mittels Elektronenrückstreubeugung (EBSD) im Rasterelektronenmikroskop ermöglicht es Mikrostrukturen in Mikro- bis Nanometer Auflösung zu analysieren und somit wichtige Information bzgl. der Deformationsmechanismen zu erlangen. Für weiterführende Untersuchungen, v.a. um Fehlstellen im Kristallgitter zu ermitteln, werden Proben mittels des Transelektronenmikroskops untersucht.
Siehe Publikationen: Bestmann & Prior, 2003; Bestmann et al., 2004, 2006a, 2006b, 2008
Mikrostrukturelle Entwicklung von Pseudotachylyten (fossile Erdbebenstrukturen)
Zerstörerische Erdbeben bilden sich v.a. in einer Tiefe von 10-15 km, d.h. die Erdbeben-Mechanik kann nur indirekt über seismische Messungen ermittelt werden. Im Gegensatz dazu kann man an den Mikrogefügen von sogenannten tektonischen Pseudotachylyten (fossilen Erdbebenstrukturen welche man heutzutage an der Erdoberfläche finden kann) im Detail die seismischen Prozesse studieren. Bei einem Erdbeben kommt es zu einem abrupten Abbau der Krustenspannung und somit schnellen Versatz entlang einer lokalisierten Störungsfläche. Die dabei freiwerdende Reibungsenergie wird in Wärme umgewandelt und lässt das Gestein entlang dieser Störungsfläche teilweise aufschmelzen und schnell wieder erstarren. Die hierbei entstehenden Mikrostrukturen sind sehr feinkörnig (z.T. kleiner als 1 Mikrometer) und können daher nur mittels Elektronenmikroskopen untersucht werden.
Unsere Forschungen haben das erste Mal gezeigt, das während der initialen Phase des Erdbebens Quarz im Nebengestein, in unmittelbarer Nähe zu der seismischen Bruchzone, kristall-plastisch rekristallisierte und dadurch eine extreme Kornverkleinerung (mit 1-2 µm Durchmesser) erfahren hat. Thermische Modellierungen zeigten, dass dieses Rekristallisationsereignis innerhalb von wenigen zehner Sekunden abgelaufen sein musste, bedingt durch das kurzzeitige Hochtemperatur Ereignis entlang der seismischen Störungsfläche welches überhitzte (T>1200°C) Schmelzen erzeugt hatte
Siehe Publikationen: Bestmann et al., 2011, 2012
Deformationsbedingte geochemische Veränderungen im Kristallgitter
Bei der Deformation wird nicht nur das Kristallgitter deformiert sondern es kann auch zur Veränderung der Spurenelementkonzentrationen kommen. In einem aktuellen Forschungsprojekt wird die Abhängigkeit der Titan (Ti) Spurenelement-Konzentration im Quarz-Kristallgitter von der Deformationstemperatur untersucht. Ziel der Arbeit ist es, eine kritische Überprüfung anzustellen, inwieweit das sogenannte Ti-in-Quarz Geothermometer anwendbar ist, um Deformationstemperaturen in quarzitischen Gesteinen zu ermitteln.
Neben Anwendung der EBSD Technik wurden die Mikrostrukturen mittels Kathodolumineszenz im Rasterelektronenmikroskop untersucht und anschließend die Titankonzentrationen (im ppm Bereich) mit der Ionensonde (SIMS) analysiert. Wir konnten zeigen, dass die Intensität des Kathodolumineszenzsignals direkt mit der Ti-Konzentration im Quarz korreliert. Inwieweit sich ein neues temperaturabhängiges Ti-Gleichgewicht in Quarz einstellt hängt jedoch v.a. vom Deformationsprozess (z.B. dynamische Rekristallisation und/oder Lösungs-Fällungsrekristallisation), der Verformungsgrate und dem Verformungsbetrag ab.
In-situ Experimente im Rasterelektronenmikroskop
Natürlich deformierte Gesteine spiegeln in ihrer Mikrostruktur häufig eine komplexe Deformationsgeschichte wieder. Um die kontinuierliche Entwicklung der Mikrogefüge besser zu verstehen haben wir statische (d.h. ohne Deformation) in-situ Heizexperimente im Rasterelektronenmikroskop (REM) durchgeführt. Primär experimentell-deformiertes Gesteinssalz (NaCl) wurde im REM sukzessive aufgeheizt und zwischendurch mittels EBSD Technik analysiert. Wir konnten zeigen, dass sich die Mikrostruktur kontinuierlich veränderte. Entgegen der generellen Lehrmeinung offenbarten die kristallographischen Orientierungskarten (basierend auf den EBSD Messungen), dass hinter langsam wandernden Korngrenzen neue Subkorngrenzen sich bildeten, während prä-existierende Subkorngrenzen manchmal erhalten blieben.
Siehe Publikationen: Bestmann et al., 2005; Piazolo et al., 2006